01/2023 Der Vogel des Jahres 2023: das Braunkehlchen
Seit 1971 wird vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) und dem NABU der 'Vogel des Jahres' gekürt. Seit dem 50. Jubiläum der Aktion gibt es eine öffentliche Wahl, bei der aus 5 Vorschlägen gewählt werden kann. Für 2023 konnte das Braunkehlchen die mit Abstand meisten Stimmen einheimsen, vor den 'Mitbewerbern' Feldsperling, Neuntöter, Teichhuhn und Trauerschnäpper.
Im Gegensatz zum allseits bekannten Rotkehlchen, das u.a. in Gärten vorkommt, dort auch brütet und im Winter die Futterstellen besucht, dürften die meisten Menschen noch nie ein Braunkehlchen mit eigenen Augen gesehen haben. Kein Wunder, erscheint es doch niemals in Siedlungen, sondern stets in der offenen Landschaft.
Etwa so groß wie ein Rotkehlchen, ist das Braunkehlchen insgesamt bräunlich, mit dunkel gestrichelter Oberseite, orangefarbener Brust und relativ kurzem Schwanz. Ein wichtiges Merkmal ist der helle Überaugenstreif. Während die Männchen im Frühjahr recht kräftig gefärbt sind, erscheinen Weibchen und Jungvögel etwas blasser. Nur im Brutgebiet hört man den Reviergesang, der aus kurzen Strophen rauer sowie flötender Laute besteht.
Braunkehlchen ernähren sich hauptsächlich von Insekten und Spinnen, sowie von Würmern und kleinen Schnecken. Dazu kommen im Sommer und Herbst auch Beeren. Da der Großteil ihrer Nahrung im Winter in unseren Breiten nicht oder kaum verfügbar ist, sind Braunkehlchen ausgesprochene Zugvögel. Als Langstreckenzieher brechen sie im August/September in ihre Winterquartiere auf, die in Afrika südlich der Sahara liegen. Im April/Mai kehren sie wieder in ihre Brutgebiete zurück.
Lebensraum des Braunkehlchens sind Wiesen, Feuchtwiesen und Brachflächen. Dabei müssen Einzelbäume oder Pfosten vorhanden sein, die den Vögeln als Sitzwarte dienen. Das Nest wird meist am Boden gebaut, gerne unter Stauden oder Büschen. Von Ende April bis Anfang Juli werden die meist sechs Eier gelegt. Nach 11 bis 13 Tagen schlüpfen die Jungen, nach weiteren 11 bis 15 Tagen verlassen diese das Nest. Fliegen können sie zunächst noch nicht. Oft findet noch eine weitere Brut statt.
Das Braunkehlchen ist von West-Europa bis Sibirien verbreitet. Auch im Mittelmeerraum gibt es sie, dort aber eher in den Hochlagen. In Europa dürften ca. 5-10 Millionen Brutpaare existieren, über die Hälfte davon in Skandinavien und Russland.
Den Bestand in Deutschland schätzt man auf etwa 20-30.000 Brutpaare. Das klingt viel, jedoch haben sich die Bedingungen für diese Vogelart in den letzten Jahrzehnten deutlich verschlechtert. Die Umwandlung von extensiv genutztem Grünland, Streuwiesen, Heiden und Mooren in intensiv genutztes Grün- und Ackerland dürfte der Hauptgrund für das zunehmende Verschwinden des Braunkehlchens in Bayern und Deutschland sein. Dazu kommen das zunehmende Schwinden der Nahrungsgrundlage sowie Gefährdungen auf dem Zugweg, wie der immer noch verbreitete Vogelfang im Mittelmeerraum. In der Roten Liste gefährdeter Brutvögel Deutschlands wird das Braunkehlchen als 'stark gefährdet' geführt, in Bayern gilt es gar als vom Aussterben bedroht.
Obwohl im Raum Oberhaching keine geeigneten Brut-Lebensräume existieren, kann man die hübschen Vögel doch alljährlich hier beobachten. Im Spätsommer, wenn sich die Vögel auf den Weg in die afrikanischen Winterquartiere machen, sowie auf dem Heimzug im Frühjahr rasten regelmäßig Braunkehlchen auf Brachflächen und Äckern. Wer sich mit einem Fernglas auf die Suche machen möchte, sollte vorher einen Blick in ein gutes Vogel-Bestimmungsbuch werfen, denn andere Vogelarten wie Steinschmätzer und Schwarzkehlchen – letztere brüten seit ein paar Jahren in Oberhaching – sehen ihnen recht ähnlich.
Markus Dähne