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Natur vor der Haustür

11/2022 Vögel füttern im Winter

Im November ist wieder die Zeit, Vogelhäuschen aufzustellen und Futterspender zu befüllen. Doch ist Vogelfütterung sinnvoll? Was ist dabei zu beachten und wie kann man sonst helfen?
Unter Naturschützern ist es umstritten, ob man überhaupt füttern soll. Über 90% der heimischen Brutvogelarten kommen ohnehin nicht ans Futterhäuschen und dazu zählen die seltenen und bedrohten Arten, die aufgrund des Verlusts und der drastischen Verschlechterung ihrer Lebensräume einen starken Rückgang verzeichnen. Diese haben entweder ein anderes Nahrungsspektrum, meiden menschliche Siedlungen oder sind Zugvögel.
Die Fütterung von Gartenvögeln hilft daher nur den häufigen Arten wie Meisen, Rotkehlchen und Amseln. Diesen, an den Menschen angepassten Arten, verschafft die Winterfütterung daher einen weiteren Konkurrenzvorteil, während die bedrohten Arten mehr und mehr verschwinden. Ihnen wurden durch die Intensivierung der Landnutzung, dem starken Rückgang der Insekten und der Zerstörung von Biotopen die Lebensgrundlagen entzogen.
Daher ist die Winterfütterung kein Ersatz für naturnahe Lebensräume: den Garten so zu gestalten, dass Vögel auch im Winter darin Nahrung finden können, sowie die Erhaltung und Wiederherstellung einer reich strukturierten Wald- und Feldflur haben oberste Priorität.
Das Vogelfüttern ist damit aber nicht überflüssig, denn wo sonst lässt sich lebendige Natur selbst mitten in der Stadt und aus nächster Nähe so gut erleben?
In der kalten Jahreszeit am Fenster zu sitzen, um vom Wohnzimmer aus Vögel zu beobachten, ist im Winter ein leichter Kontakt zur Natur. Nicht selten weckt die Freude daran das Interesse, selbst aktiv zu werden und sich im Naturschutz zu engagieren. Viele Menschen haben ein tiefes Bedürfnis zu helfen, einfach etwas zu tun. So ist der nächste Schritt oft der, den eigenen, häufig viel zu eintönigen Garten vogelfreundlich zu gestalten. Mit dieser Einstellung können sich Winterfütterung und Naturschutz treffen.

Wie sollte Futter angeboten werden?
Das klassische Vogelhäuschen sieht gemütlich aus, hat aber den Nachteil, dass das Futter innen schnell feucht oder mit Kot verschmutzt werden kann. Das macht eine regelmäßige Reinigung mit heißem Wasser erforderlich, um die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Auch sollten Sie hier nur so viel Futter nachlegen, wie an einem Tag gefressen werden kann.
Besser als das Vogelhäuschen sind Futterspender, bei denen das Futter von oben nach unten durchrutscht und für die Vögel über Öffnungen zugänglich ist. Wenn Sie diese Spender so aufhängen, dass das Futter innen auch bei starkem Wind, Schnee und Regen nicht nass wird, sind sie pflegeleicht und müssen nur gelegentlich gereinigt werden.
Wählen sie eine übersichtliche Stelle, um zu verhindern, dass sich Katzen anschleichen können und um die Vögel selbst vom Fenster aus gut im Blick zu haben. Ideal sind Bäume oder Büsche in der Nähe, in denen Deckung gefunden werden kann.
Bei Bodenfütterung ist besonders auf Hygiene zu achten, z.B. indem man die Stellen öfter mal umsetzt.
Findet man tote Vögel an der Futterstelle, sollte die Fütterung für 10 Tage eingestellt, das Futterhaus gesäubert und mit verdünnter Essigessenz desinfiziert werden.
Trotz regelmäßiger Fütterung verlieren die Vögel übrigens nicht die Fähigkeit, natürlich vorkommende Nahrung zu finden. Untersuchungen ergaben, dass sie trotz Fütterung drei Viertel ihrer Nahrung aus der Natur beziehen und damit unabhängig bleiben.

Welches Futter ist das Richtige?
Ein gutes Basisfutter für fast alle Vogelarten sind Sonnenblumenkerne. Es gibt aber auch Futtermischungen, die Samen verschiedener Art und Größe enthalten. Geeignet sind außerdem Hirse, Hanf, Fett-Kleie-Gemische, Haferflocken, Obst, Rosinen, Futterringe und -knödel, Kokosnusshälften mit Rinderfett oder Rindertalgstücken.
Weichfutterfressern wie Rotkehlchen, Heckenbraunellen, Amseln, Wacholderdrosseln und Zaunkönigen können in Bodennähe Rosinen, Obst, Haferflocken und Kleie angeboten werden. Achten Sie jedoch darauf, dass das Futter nicht verdirbt.
Meisenknödel mit hohem Fettanteil sind, wie der Name schon sagt, besonders bei Meisen beliebt. Entfernen Sie dabei aber die Plastiknetze, weil sich die Vögel darin verheddern können.
Salziges, Speisereste und Brot sind dagegen tabu, Gewürze und Salz können zum Tod der Vögel führen.

Was kann man sonst tun?
Jeder Garten kann schon auf kleinsten Flächen viel für den Vogelschutz leisten: im Herbst stehengelassene Stauden oder Disteln, beerentragende Sträucher, wilde Ecken, liegengelassenes Laub und ein Komposthaufen bieten reichhaltig Nahrung.
Auch mit ihrem Einkaufsverhalten können Sie Wirtschaftsformen unterstützen, die ein lebendiges Landschaftsmosaik fördern. Der Kauf von regionalen und biologisch angebauten Produkten hilft, strukturreiche Landschaften mit Lebensraum für viele verschiedene Vogelarten zu fördern.

Fazit: Vogelfütterung rettet nicht die vielen bedrohten Arten und ersetzt auch keinen Naturgarten, aber richtig gemacht schadet sie nicht und einige häufige Arten profitieren durchaus davon. Vor allem aber macht Vogelfüttern einfach Freude!

Kristin Schulte