06/2022 Die Pfütze als Lebensraum
Pfützen, Lachen, Lacken sind Klein- und Kleinstgewässer mit einer Vielzahl von Ausprägungen, Ursachen und Lebensgemeinschaften. Keine gleicht der anderen. Fast alle entstehen in Folge von Bodenverdichtung durch häufiges Befahren der immer gleichen Stelle. Auch das häufige Benutzen einer Stelle durch Tiere in Wiesen, Weiden und Wäldern kann zur Bildung von Pfützen beitragen. Ein Beispiel dafür sind Suhlen, wie sie durch größere Wildtiere entstehen oder durch überlaufendes Wasser und Trittspuren der Weidetiere an Tränken (auf dem Foto sind sogenannte Hüpferlinge, also ganz junge Froschlurche – in diesem Fall Gelbbauchunken – in einer durch Pferde an einer Tränke entstandene Pfütze zu sehen). Viele von uns werden unter Pfützen kleinere oder größere Ansammlungen von Wasser an oder in Verkehrswegen verstehen. Noch im vorigen Jahrhundert waren das die klassischen Begleiter von unbefestigten Verkehrswegen. In der Regel entstehen Pfützen hier aus kleinen Vertiefungen in denen sich Regenwasser sammelt. Mit häufiger Durchfahrung werden sie in Folge durch das Herausschleudern von Grobmaterial, Verdichtung und Bildung von abdichtendem Feinstmaterial immer größer und somit für Fahrzeuge, Fußgänger und Radler sehr lästig. Die Folge ist, dass oft selbst Wirtschaftswege asphaltiert werden und somit die Pfützen hier weitgehend verschwunden sind. Je nach Lage und Frequentierung, Größe, Bodenart und Dauerhaftigkeit können diese Kleinstgewässer ein Lebensraum für viele Arten sein. Dazu zählen z.B. Wasserflöhe, Räder-Bär-, Pantoffel- u. Wimpertierchen, Enchydräen (5-30 mm lange dünne Würmer, die kleinen Verwandten der Regenwürmer) sowie Mücken- und Waffenfliegenlarven. Auf Pfützen an und in Waldwegen sind vornehmlich nach der Schneeschmelze die ein- bis eineinhalb Millimeter großen Schwarzen Wasserspringer anzutreffen, die die Wasseroberfläche wie eine Rußschicht bedecken. Aber auch als Laichgewässer von Amphibien werden solche Wasserstellen gerne genutzt, die an Wegrändern, Lager-, Schutt- und Abbaugebieten eine ausreichend lange Standzeit besitzen und nicht zu oft durchfahren werden. Solche durch Verdichtung und Befahrung entstandenen Pfützen in Kies- und Lehmgruben wissen ganz besonders die seltenen Wechsel- und Kreuzkröten sowie Flussregenpfeifer als Lebensraum zu schätzen. Letzterer sucht in solchen Pfützen oder Lachen seine Nahrung. Für diese Arten sind oft die Kleingewässer der Lager-, Schutt- und Abbaugebiete die einzigen Fortpflanzungsstätten.
Eine weitere wichtige Bedeutung haben besonders schlammige lehmhaltige Pfützen für Schwalben, da sie den Schlamm für ihren Nestbau benötigen. Nicht zu vergessen auch die Bedeutung der Pfütze als Bade- und Trinkplatz für Vögel. An heißen Sommertagen ist das oft außerhalb der Siedlungsgebiete die letzte brutplatznahe Möglichkeit zu trinken und zu baden.
Deshalb unser Tipp: wo und wenn möglich nicht jede Pfütze gleich beseitigen oder wenigstens die Beseitigung auf Herbst und Winter verschieben.
Übrigens haben Pfützen auch eine große Anziehungskraft für Kleinkinder, die in der Regel keine Gelegenheit auslassen, um vergnügt darin herum zu patschen.
Eike Hagenguth