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Natur vor der Haustür

07/2020 Das harte Leben des Straßenbaumes

Als kleiner Sämling beginnt der Straßenbaum gewöhnlich sein Dasein in einer Baumschule.
Wohl behütet, mit Düngern versorgt, vor Schädlingen weitgehend geschützt, verbringt er hier seinen ersten Lebensabschnitt. Mit 6-8 Jahren muss er dann raus ins raue Leben. Schon auf dem Transport zur Pflanzstelle kann er sich die ersten Blessuren holen. Für gewöhnlich sollte der junge Baum mit einem halbwegs guten Standort und dann mit fachgerechtem Einpflanzen rechnen können. Nach heutigen Maßstäben heißt das, dass er wenigsten 10m³ Wurzelraum und ein optimales Pflanzsubstrat für ein angemessen langes Leben braucht.
Er bekommt komfortable Stützen, eine Bewässerungsmulde, einen kräftigen Schluck Wasser und wenn er Glück hat, wird bei Trockenheit auch noch nachgeschenkt.

Viele der bisher gepflanzten Bäume müssen sich aber mit einem schmalen Wurzelraum, eingesperrt zwischen Asphalt und Steinplatten begnügen und diesen manchmal noch mit verschiedensten Versorgungsleitungen teilen. Viel Regenwasser fließt deshalb am Baum vorüber ohne seine Wurzeln zu tränken. Die oft wenige m² große Baumscheibe wird häufig von Autoreifen traktiert (Foto) oder Fußgängern festgetreten. Sein Stamm wird manchmal von Stoßstangen, Bau- und Räumfahrzeugen oder Rasenmähern lädiert und daraufhin von holzzerstörenden Pilzen befallen. Streusalz setzt ihm zu und lässt sein Laub vorzeitig vergilben und welken. Zusätzlich dazu macht ihm heutzutage der Klimawandel in Form von Hitze- und Trockenperioden zu schaffen. Als ob der Überlebenskampf nicht schon schwer genug wäre, muss er auch manchmal noch die Säge von missliebigen Nachbarn fürchten.
Dabei soll unser Baum doch möglichst lange die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen. Sein Laubkleid soll in der Sommerhitze Schatten spenden, Staub und Schadstoffe aus der Luft filtern, ein Aufheizen der Wohngebiete mindern, allerlei Getier wie Spinnen und Insekten bis zum Vogel Nahrung und Brutmöglichkeit bieten und den Menschen das Umfeld verschönern. Diese Erwartungen soll ein Straßenbaum ungefähr 60 bis 80 Jahre lang erfüllen.
Was haben wir Bürger für Möglichkeiten, um Schäden von Bäumen fernzuhalten: den Grünbereich (Wurzelbereich) der Bäume nicht durch ständiges Betreten oder gar Befahren verdichten, Rücksicht beim Ein- und Ausparken um den Stamm nicht zu beschädigen, auf Streusalz verzichten und öffentliche Bäume nicht nach eigener Vorstellung zurechtstutzen! Unseren Hund lassen wir an den Bäumen nicht das Bein heben. Hundeurin kann Rinde und Wurzeln vor allem der noch jungen Bäume verätzen. Bei den immer öfter auftretenden Hitze- und Trockenperioden könnte man natürlich auch selbst mal wässern. Mit einer Gießkanne voll ist es da allerdings nicht getan.
Übrigens kostet ein neuer Straßenbaum in der in unserer Gemeinde verwendeten üblichen Pflanzgröße inkl. Pflanzung ca. 800,- €. Auf Problemstandorten – wie z.B. im beengten Straßenraum – könnten bei Verwendung von Spezialbaumsubstraten und Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Optimierung des Wurzelraums einige hundert Euro zusätzlich anfallen. Sollte eine Schädigung eines optimal entwickelten Straßenbaums gar nach der „Kochtabelle“ (Gehölzwerttabelle für Straßenbäume), wie in manchen Kommunen üblich, bewertet werden, könnten für einen ruinierten Baum einige tausend Euro Wiederherstellungs- bzw. Ersatzkosten fällig werden.

Eike Hagenguth