12/2018 Mindesthaltbarkeitsdatum
Pro Jahr werden derzeit weltweit Nahrungsmittel im Wert von gut einer Billion Euro vernichtet. In 2012 hat eine Forschergruppe der Universität Stuttgart im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft herausgefunden, dass der Handel nur einen kleinen Teil dazu beiträgt. Demnach sind es vor allem Privathaushalte, in denen fast zwei Drittel aller Lebensmittelabfälle anfallen. Statistisch gesehen wirft damit jeder Deutsche jährlich knapp 82 Kilogramm noch verzehrbare Lebensmittel in die Tonne. Das hat vor allem mit einem kleinen Datumsstempel zu tun, der häufig missverstanden wird: dem Mindesthaltbarkeitsdatum.
Definition
Beim Verkauf von abgepackten Lebensmitteln, sogenannten „Fertigpackungen“ ist bis auf wenige Ausnahmen das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ein gesetzlich vorgeschriebenes Kennzeichnungselement. Es ist vom Verbrauchsdatum zu unterscheiden, das bei – in mikrobiologischer Hinsicht – sehr leicht verderblichen Lebensmitteln (z.B. Hackfleisch) anzugeben ist.
Das MHD ist das Datum, bis zu dem ein Lebensmittel „unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält“. Es besitzt diese spezifische Eigenschaft nicht mehr, wenn sich die Zusammensetzung des Lebensmittels soweit geändert hat, dass es in seiner ernährungsphysiologischen Wirkung/Zusammensetzung, beispielsweise dem Vitamingehalt, wenn er besonders herausgestellt wird, seinem Genusswert, also in Geruch oder Geschmack, oder seiner Brauchbarkeit (beispielsweise der Triebfähigkeit der enthaltenen Hefe) gemindert ist.
Praktische Bedeutung
Der Ablauf des MHD bedeutet nicht, dass das Lebensmittel damit automatisch wertgemindert oder nicht mehr zum Verzehr geeignet ist. Das MHD ist vielmehr das Datum für die „voraussichtliche Haltbarkeit eines Produktes“, also bis wann es seine ursprünglichen Eigenschaften bewahrt. Es wird vom zur Kennzeichnung Verpflichteten, in der Regel dem Hersteller, aufgrund von langjährigen Erfahrungen oder aufgrund von Lagerversuchen eigenverantwortlich festgelegt. Nach Ablauf des Datums erlischt diese „Garantie“ über die spezifische Eigenschaft, d.h., die Haftung geht auf denjenigen über, der die Ware in den Verkehr bringt. Dieses haftungsrechtliche Risiko ist der Hauptgrund, warum sogenannte „überlagerte“ Lebensmittel vom Handel zumeist entsorgt werden.
Tipps für den Alltag / Haushalt
Der Kampf gegen das große Wegwerfen ist denkbar einfach und schont ganz nebenbei den Geldbeutel.
Oberstes Gebot im eigenen Heim ist dabei die Bewahrung der Übersicht im Kühl- und Vorratsschrank. Bei der Überprüfung der Lagerbestände sollten abgelaufene Lebensmittel immer einer sensorischen Prüfung unterzogen werden. Einwandfreie Eigenschaften wie Aussehen, Geruch, Geschmack, Konsistenz sind für zahlreiche Lebensmittelgruppen ein Garant für einen unbedenklichen Verzehr trotz Überschreitung des MHD. So sind feuchte, also wasserhaltige Lebensmittel generell weniger lang lagerfähig als trockene. Aber auch Milch-/Fleisch-/Fisch-Erzeugnisse sind oft noch lange und unbedenklich genießbar. Um mikrobiologischem Verderb vorzubeugen ist bei gefrorener/gekühlter Ware auf die Einhaltung der Kühlkette zu achten. Verschimmelte Ware (z.B. Brot, Marmelade) ist jedoch gesundheitsschädlich und sollte deshalb unverzüglich aus dem Verkehr gezogen werden.
Im Handel wird aus Gründen der Haftung Ware nahe dem MHD-Ablauf vermehrt zu reduzierten Preisen angeboten. Vor allem Milch- und Milcherzeugnisse sind dann günstig zu haben, obwohl sie teilweise noch Wochen und Monate verwertbar sind. Umrühren beim Joghurt reicht beispielsweise meist aus, um ihn wieder cremig werden zu lassen.
Trockene Produkte wie Kaffee, Tee, Kakao, Nudeln, Reis, Getreide allgemein, Hülsenfrüchte, etc., sind bei sachgerechter Lagerung quasi unverwüstlich. Gleiches gilt für in Gläser und Dosen abgepackte Ware.
Gegen Verfärbungen und „Ausrauchen“ bei z.B. Kräutern und Gewürzen, gemahlenem Kaffee, hilft die Aufbewahrung in dunklen, geschlossenen Behältern, das beugt gleichzeitig auch Schädlingsbefall vor. Geschlossen im Kühlschrank aufbewahrter, gemahlener Kaffee behält lange sein volles Aroma. Wenn v.a. dunkle Schokolade mit einem grauen, kristallinen Überzug versehen ist, handelt es sich nicht etwa um Schimmel, sondern um aus der Schokolade ausgetretene, hochwertige Kakaobutter. Die Wanderung dieser Kakaobutter-Kristalle an die Oberfläche lässt sich durch Lagerung im Kühlschrank unterbinden. Kühl- und lichtgeschützt sollten auch die Lagerbedingungen für Fette und Öle sein, wobei Olivenöl bei niedrigeren Temperaturen „winterisiert“, dieses reversible Auskristallisieren ist ein Qualitätskriterium für Olivenöl. Insgesamt sind verdorbene Fette und Öle leicht am ranzigen Geruch und Geschmack zu erkennen.
Der Ablauf vom MHD ist also kein hartes Kriterium für Verderb. Der Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung steht auch auf den Fahnen der Vereinten Nationen: Bis 2030 sollen die Lebensmittelabfälle auf die Hälfte verringert werden. Von Seiten der Bundesregierung gibt es dazu die Kampagne „Zu gut für die Tonne“.
Brigitte Nerl