05/2018 Gefüllte oder ungefüllte Blüten?
Jetzt im Mai, wenn die Eisheiligen vorbei sind, werden Gärten und Balkone wieder in blühende und gerne auch duftende Refugien verwandelt.
Die Gärtnereien und Gartencenter überbieten sich momentan selbst mit einer Fülle an Farbenpracht und Blütenform bei den Pflanzen.
Aber für welche Pflanzen entscheide ich mich bei dieser riesigen Auswahl?
Um Ihnen diese Entscheidungen vielleicht etwas leichter zu machen, möchten wir Sie an unsere Insekten erinnern. Seit einigen Jahren wird das Thema „Insektensterben“ und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf uns und unsere Nachkommen sehr ausführlich behandelt. Um nun unserer sehr dahingeschrumpften Insektenwelt zu helfen, muss man wissen, dass sie die für die Bestäubung wichtigen Pollen und den Nektar zu ihrer Ernährung nur aus ungefüllten Blüten holen können.
Gefüllte Blüten sind also eine Mogelpackung für alle Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und alle anderen Insekten, auch für die Nachtfalter.
Doch wie entstehen „gefüllte Blüten“?
Auf der Jagd nach noch prächtigeren, noch größeren und sensationellen Blüten hat der Mensch die gefüllten Blüten „erfunden“. Ausschließlich in speziellen Zuchtgärtnereien entstehen solche Zuchtformen, die total wertlos für Insekten sind. In der Regel werden hier die wichtigen Staubblätter, manchmal auch die Fruchtblätter einer Blüte, in reine „Schauorgane“ umgewandelt, d.h. Staubblätter werden zu einer vermehrten Zahl von Blütenblättern. Solche gefüllten Blüten sind die Folgen einer spontanen, rezessiven Mutation dreier Gene. Auf Grund der fehlenden Staubblätter sind die Blüten nicht mehr in der Lage, Pollen/Nektar zu produzieren und es kann keine Bestäubung stattfinden. Solche sterilen Pflanzen können ausschließlich durch Teilung, Stecklinge, Ableger oder Veredelung (nur in Spezialgärtnereien) vermehrt werden.
Gefüllte Blüten finden wir im Frühling z.B. bei Narzissen und Gänseblümchen (Maßliebchen). Aber auch im Sommer und im Herbst sind die insektenverachtenden, gefüllten Blüten präsent: wie bei Akeleien, Chrysanthemen, Clematis, Dahlien, Nelken, Pfingstrosen, Rittersporn, Rosen und Sonnenblumen. Alle oben genannten Pflanzen gibt es selbstverständlich auch ungefüllt. Aber Sträucher wie der Eibisch, der Ranunkel-Strauch oder sogar Bäume wie die japanische Zierkirsche sind nicht in ungefüllter Form erhältlich und damit nicht für Insekten nutzbar.
In der Natur gibt es nur wenige „gefüllte Blüten“, wie z.B. beim Löwenzahn. Er ist ein „Korbblütler“ und bei dieser Art spricht man von „gefüllten Köpfchen“. Seine leuchtend gelbe Blüte besteht aus teilweise hunderten von winzigen Einzelblüten und ist damit eine pollentragende Blüte für unsere Insekten.
Mehrjährige Pflanzen, die sowohl uns als auch die Insekten erfreuen, sind beispielsweise Korbblütler wie Margeriten (auch in einer Blumenwiese!) und Herbstastern, alle Glockenblumen, Katzenminze, Lavendel und Thymian. Mit Fetthenne sowie allen Arten von Storchenschnabel haben Sie außerdem keinen Ärger mit den Schnecken, denn die nehmen hier Reißaus! Vergessen wollen wir aber auch nicht die Kletterpflanzen wie etwa Wildarten von Kletterrosen oder die einheimische Heckenrose, das herrlich duftende Geißblatt (Lonicera) oder den erst im späten Herbst blühenden Efeu, der den Insekten die letzte Nahrungsquelle im Gartenjahr bietet.
Auch ein- und zweijährige Sommerblumen wie Ringelblume (gibt es gefüllt und ungefüllt!), Löwenmäulchen, Schmuckkörbchen (Cosmea), Trichter- und Bechermalven oder Kräuter wie Bohnenkraut, Borretsch und Dill lassen Insektenherzen höherschlagen. Man kann die Samen in Balkonkästen oder Schalen aussäen und im Herbst Saatgut fürs nächste Jahr ernten. Die Samentütchen für diese Pflanzengruppe gibt es in den Gartencentern, ja sogar in den Supermärkten.
Wenn Sie also jetzt vor der Wahl stehen, welche Pflanzen es für Ihren Garten oder Balkon sein sollen – entscheiden Sie sich für eine ungefüllt blühende Art. Allein das Beobachten der anfliegenden und emsig sammelnden Bienen und Schmetterlinge wird Sie sicher erfreuen und Ihnen das Gefühl vermitteln, der Natur etwas Gutes getan zu haben.
Viel Spaß dabei!
Inge Mebus (Quelle: Wikipedia)