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Natur vor der Haustür

01/2016 Der Stieglitz - Vogel des Jahres 2016

Einer der farbenprächtigsten Singvögel, die es bei uns gibt, ist der Stieglitz (im Volksmund auch Distelfink genannt). Auffällig leuchtet seine rote Gesichtsmaske auf dem weiß und schwarz gefärbten Kopf.

Der Stieglitz wurde zum Vogel des Jahres 2016 gewählt, um auf dessen dramatischen Rückgang aufmerksam zu machen und um geeignete Maßnahmen für die Verbesserung seiner Lebensgrundlage auf den Weg zu bringen.
Die Art ist in den letzten 25 Jahren um unglaubliche 50% zurückgegangen! Hauptverantwortlich dafür ist, dass in der Agrarlandschaft in diesem Zeitraum fast 90% aller Brachflächen mit ihrer heimischen Artenvielfalt verloren gegangen sind. Auch Ackerrandstreifen mit Blumen und Wildkräutern an Feldern und Wegen werden immer weniger und auch artenärmer. Zusätzlich reduziert der weiter fortschreitende Flächenverbrauch durch Erschließung und Versiegelung die Nahrungsgrundlage der Vögel.
Da die Agrarlandschaft nicht mehr den erforderlichen Lebensraum für sie bietet, leben zwischenzeitlich bereits ca. 60% der noch vorhandenen Stieglitze im Siedlungsbereich und nur noch die restlichen 40 Prozent in der Agrarlandschaft (mit weiter absteigender Tendenz). Aber auch im öffentlichen und privaten Siedlungsraum verschwinden – durch eine oft viel zu intensive Pflege – wildblumenreiche Flächen immer mehr. Damit wird dem Stieglitz die Hauptnahrungsgrundlage entzogen, denn als Körnerfresser ernährt er sich überwiegend von den Samen verschiedener Distelarten und Kletten, aber auch von den Fruchtständen verschiedener Blühpflanzen. Über diese Samen hinaus fressen Stieglitze auch Baumsamen von Birken, Erlen, Platanen und Koniferen.

Der Stieglitz ist bei uns Standvogel, d.h. er verbleibt das ganze Jahr in seinem Brutgebiet. Da es sich um einen recht geselligen Vogel handelt, trifft man diesen bei der gemeinsamen Futtersuche oft in kleinen Trupps und in den Herbst-/Wintermonaten sogar in Schwärmen an. Sein Nest baut er gerne in Astgabeln und an Astenden einzeln stehender Bäume. Häufig erfolgt dies in kleinen Brutkolonien, d.h. mehrere Paare brüten in einem Baum. Sein kleines Nest, das ausschließlich vom Weibchen gebaut wird, besteht aus Halmen und Wurzeln, das außen mit Flechten und Moosen getarnt wird. Bei uns in Oberhaching brütet die Art seit einigen Jahren bereits beständig in Bäumen im Ortsbereich, so z.B. in der Bahnhofstr. und in der Pestalozistr. Sicherlich haben Sie bei Ihren Einkäufen im Frühjahr/Sommer im Ort auch schon das Zwitschern der Vögel vernommen.

Aktuell geht es dem Stieglitz bei uns am Ort nicht so schlecht, wie dies im bundesweiten, negativen Trend der Fall ist. Obwohl sich auch bei uns die Agrarlandschaft negativ verändert, gibt es positives zu berichten. Dies liegt daran, dass es bei uns Brachflächen in den Kiesabbaugebieten und derzeit auch noch zusätzlich Stilllegungsflächen mit Hochstaudenfluren (mit vielen Karden) gibt. Hier ist der Tisch für den Stieglitz noch reichlich gedeckt. Auch auf den von der Gemeindeverwaltung auf drei Kreisverkehrsinseln im Ortsbereich angelegten, bunt blühenden Wiesen sind die Blumensamen eine willkommene Nahrungsquelle für Stieglitze.

Wie kann jeder von uns dem Stieglitz helfen?
Abhängig von der Größe des Gartens sollten Sie naturnahe Bereiche schaffen, wo auch ein paar Wildkräuter stehen bleiben dürfen. Im Herbst sollten Sie die Blütenstände von Blumen nicht abschneiden, sondern den Vögeln als Futterquelle in der harten Jahreszeit zur Verfügung stellen. Ja, dies wird sicherlich nicht jeden Gartenfreund erfreuen, denn die meisten möchten immer „Ordnung“ in ihrem Garten haben. Wenn Sie jedoch einmal in den Wintermonaten beobachten, wie die Stieglitze über die stehen gelassenen Samenstände „herfallen“, dann werden Sie sicherlich reichlich für Ihren Beitrag zur Erhaltung der Art entschädigt.

Hans Jakob