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Natur vor der Haustür

04/2012 Wenn die Rasenpflege lästig wird

Der April lässt das erste Gras sprießen und nun beginnt wieder der allgemeine Kampf gegen wucherndes Grün. Zuerst noch sehr spärlich, aber nach den ersten warmen Tagen und ausreichendem Regen ist das Gras nicht mehr zu bremsen. Spätestens ab jetzt wird der Gartenbesitzer, der einen Bilderbuchrasen vorweisen möchte, auf Trab gehalten.
Wer den Empfehlungen von Gartenzeitschriften, von Gartencentern und Baumärkten folgt, sollte seinen Rasen wöchentlich mähen, regelmäßig düngen, natürlich mit speziellem Rasendünger. Auch das Aufbringen von Rasenerde, bestehend aus über 90% Torf, wird empfohlen. Dazu wird regelmäßiges Vertikutieren und Bewässern empfohlen.
Insbesondere wird so genannten Rasenunkräutern der Kampf angesagt. Dazu ist eine Vielzahl von Pestiziden im Angebot, z.B. Moosvernichter und selektiv wirkender Unkrautvernichter gegen zweikeimblättrige Rasenvegetation (gegen Löwenzahn, Wegerich, Gänseblümchen, Ehrenpreis u.a.). Auch einige Mittel gegen Hexenringe hält der Fachhandel bereit.
Das Verzeichnis zugelassener Pflanzenschutzmittel des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) weist über 200 Pflanzenschutzmittel (viele allerdings mit ähnlichen oder gleichen Wirkstoffen) für den Einsatz auf Rasenflächen aus. Für andere Wiesenbewohner wie Wiesenameisen und Wiesenschnaken, aber auch Schneeschimmel, die zuweilen besonders in den sorgfältig gepflegten Rasen auffällige Spuren hinterlassen, sind keine chemischen Pflanzenschutzmittel zugelassen. Im Internet und in der Gartenliteratur findet man Hinweise, wie man diese, den Anblick eines makellosen Rasens störenden Lästlinge und Pilzkrankheiten bekämpfen kann. Dieser Kampf kann dann richtig aufwändig werden und der Erfolg ist oft mäßig und zeitlich begrenzt.
Geht es Ihnen dann nicht manchmal so, dass Sie sich lieber in den Liegestuhl legen oder einer anderen Freizeitbeschäftigung nachgehen würden?
Dann sollten Sie überlegen, ob Sie nicht schon zum Sklaven Ihres Rasens geworden sind!
Nehmen Sie einfach die vielen Ratschläge nicht so ernst. Das verhilft Ihnen zu mehr Freizeit, schont Ihren Geldbeutel, schont die Umwelt und nützt der Natur.
Es reicht vollkommen aus, wenn der Rasen alle zwei Wochen, und bei großer Hitze und Trockenheit auch in noch größeren Abständen gemäht wird. Natürlich werden sich dann auch so genannte Rasenunkräuter ansiedeln. Betrachten Sie diese einfach als Bereicherung. Ganz abgesehen davon, dass sie Farbe in das Einheitsgrün bringen, dienen sie zur Stabilisierung gegen Trockenheit, denn viele dieser Kräuter wurzeln tief und sind somit gegen Hitze und Wassermangel unempfindlich. Der sich mit ziemlicher Sicherheit einstellende Weißklee sammelt mit seinen Wurzeln Stickstoff aus der Luft und versogt dadurch auch Gräser und andere Begleitpflanzen mit diesem wichtigen Pflanzennährstoff. Wenn im Sommer Bienennahrung knapp wird, sind Klee, Kriechender Günsel, Gundermann  eine beliebte Nahrungsquelle für Blütenbesucher.
Es würde zu weit führen, die vielen ökologischen Zusammenhänge und Unterschiede von Natur- und sogenanntem Englischen Rasen aufzuführen. Wagen Sie einfach mal den Versuch, sich nicht durch Ihren Rasen versklaven zu lassen!

Eike Hagenguth