06/2011 Zuzug seltener Saatkrähen in Oberhaching
Erstmals hat ein Paar Saatkrähen im Jahr 2010 einen Brutversuch in Oberhaching unternommen und erfolgreich abgeschlossen (Jungvögel sind ausgeflogen). Nach diesem Erfolg sind im Januar diesen Jahres nun 11 Paare zugezogen und haben gemeinsam eine kleine Brutkolonie (siehe Foto) gegründet. Als Standort für ihre Horste haben sie sich die Kronen von hohen Eschen und Buchen im Hinteren Gleißental ausgesucht. Dort haben sie die Rabenkrähen von ihren angestammten Schlafplätzen vertrieben.
Die Aktivitäten der Saatkrähen sind den Anwohnern natürlich nicht verborgen geblieben. Beim Nestbau, bei der Brut und bei der Aufzucht der Jungen sind die Vögel phasenweise recht „kommunikationsfreudig“. Die Laute zur Verständigung untereinander nehmen wir Menschen nicht unbedingt immer als melodischen Klang, sondern oft als „Krächzlaute“ wahr. Anfang Juni wird jedoch wieder Ruhe einkehren. Nach einer Brutzeit von ca. 3 Wochen, sind Anfang bis Mitte April die Jungen geschlüpft, die dann nach einer Nestlingszeit von 4 - 5 Wochen mit ihren Eltern das Brutrevier verlassen werden.
Nachfolgend möchten wir Ihnen ein paar grundsätzliche Informationen zu den unterschiedlichen schwarzen Rabenvögeln geben.
Alle großen schwarzen Vögel - die von Bürgern wahrgenommen werden - werden im Volksmund als Raben oder auch abwertend als schwarze Gesellen bezeichnet. Diese Vogelgruppe ist mit vielen, oft unberechtigten Vorurteilen belastet. Man darf jedoch auf keinen Fall alle diese Vögel in einen Topf werfen, sondern muss sich die Mühe machen und die schwarzen Vögel genauer anschauen. Wenn man dies tut, dann erkennt man nämlich sehr schnell, dass es sich um verschiedene Arten aus der Familie der Rabenvögel (Krähenvögel) handelt. Die am häufigsten bei uns vorkommenden schwarzen Rabenvögel, sind die (bei vielen recht ungeliebten) Rabenkrähen (Aaskrähen). Daneben gibt es aber auch noch Saatkrähen, Dohlen und Kolkraben. Die Saatkrähen und Dohlen halten sich bei uns schon immer als Wintergäste auf. Diese kommen alljährlich in den Wintermonaten aus Nord- und Osteuropa zu uns. Die Dohlen kommen bei uns am Ort als Brutvögel nicht und die Kolkraben nur sehr selten vor.
Bei der Saatkrähe (siehe Foto) handelt es sich um eine gefährdete Vogelart, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt ist. Die sehr geselligen intelligenten Vögel leben in monogamer Dauerehe, haben ein hochsoziales Verhalten und brüten gemeinsam in Kolonien. Obwohl für uns Menschen alle Saatkrähen gleich ausschauen, kennen sich die Vögel innerhalb einer Kolonie untereinander. Die recht großen Nester aus locker angeordnetem Reisig und Zweigen (die sie von Bäumen abbrechen) werden in großer Höhe meistens auf Laubbäumen gebaut.
Die Hauptunterscheidungsmerkmale der Saatkrähe gegenüber der Rabenkrähe sind der hellgraue Schnabelansatz, die abstehenden Federn an den Beinen (sehen wie Hosen aus), aber auch die unterschiedlichen Rufe.
Die Saatkrähen haben sich in Ermangelung ihrer ursprünglichen Nist- und Ernährungsmöglichkeiten zu Kulturfolgern entwickelt und suchen zunehmend Brutplätze in Baumgruppen in Siedlungsbereichen auf. In Oberbayern ist das Hauptverbreitungsgebiet der Großraum München. Das bayerische Hauptverbreitungsgebiet ist in Schwaben mit ca. der Hälfte des bayerischen Bestandes.
Bei der Ernährung sind die Vögel recht vielseitig. Der Hauptbestandteil ihrer Nahrung besteht aus wirbellosen Kleintieren, wie Nacktschnecken, Würmern, Käfern, Larven, Schnaken und auch Feldmäusen. Daher zählen sie zu den natürlichen Schädlingsvertilgern mit großem Nutzen für die ökologische Landwirtschaft. Daneben steht auf ihrem Speiseplan aber auch pflanzliche Nahrung, wie Getreidekörner, Keimlinge, viele Pflanzenteile und auch Feldfrüchte. Schäden in der Landwirtschaft gelten jedoch im Allgemeinen als gering bis unbedeutend.
Krähen haben allgemein den schlechten Ruf, dass sie Nester von Singvögeln ausräubern (Eier und Jungvögel) und sind daher bei vielen Tierfreunden unbeliebt (um das Wort „gehasst“ zu vermeiden). Dieses Verhalten wird von uns Menschen als fürchterlich angesehen und damit verurteilt. Viele langjährige Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass dies auf die Bestände der kleinen Singvögel nachweislich keinen Einfluss hat.
Die Saatkrähen gehören nicht zu den potenziellen Nesträubern, sie haben ihren schlechten Ruf von den verwandten Rabenkrähen, mit denen sie so oft verwechselt werden.
Wir hoffen, dass diese Information über die Saatkrähen zum weiteren toleranten friedlichen Miteinander zwischen Bürgern und Saatkrähen beiträgt. Eine positive Einstellung zur Artenvielfalt der Natur hilft hier sicherlich weiter. Unter diesem Vorzeichen ist es spannend die Saatkrähen in ihrem Sozialverhalten zu beobachten. Vielleicht erfreuen Sie sich auch mal an den akrobatischen Flugspielen, die die Vögel, insbesondere bei stürmischem Wetter, über den Baumkronen ausführen.
Hans Jakob