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Natur vor der Haustür

08/2010 Unsere Streuobstwiese

Sie kennen sie noch nicht – unsere Streuobstwiese am Ortsrand auf der rechten Seite der Wörnbrunner Straße?
Seit 2008 hat die Ortsgruppe des BN dieses Grundstück (ca. 1.000 Quadratmeter) von der Gemeinde (symbolisch) gepachtet und dort eine Streuobstwiese angelegt, die von den Mitgliedern der Ortsgruppe gepflegt wird: Wiese mähen, Bäume beschneiden, ...

Was macht eine Wiese zu einer Streuobstwiese?
Unter einer Streuobstwiese versteht man die aufgelockerte Anpflanzung hochstämmiger Obstbäume (ca. 1,80m Stammhöhe) meist unterschiedlicher Arten (Apfel, Birne, Zwetschge, …) sowohl alter als auch neuer Sorten. Die Streuobstwiese ist eine extensiv bewirtschaftete Wiese, d.h. sie wird maximal zweimal im Jahr gemäht – und das nicht vor Juli. Das Mähgut bleibt nicht liegen – im Gegensatz zur Mulchmahd – sondern wird abgeräumt, damit eine artenreiche Blumenwiese entsteht, wo sich z.B. Wiesensalbei, Wiesenglockenblume, Wiesenknopf oder Karthäuser-Nelke ansiedeln.
Es werden keine Düngemittel eingesetzt und die Obstbäume nicht chemisch behandelt.
Der krasse Gegensatz dazu ist die intensive Form des Obstanbaus in Form der Obstplantage mit ihren dicht gepflanzten niederstämmigen, schnellwachsenden und ertragreichen Obstsorten in Monokultur mit hohem Pestizideinsatz. Dabei passen heute auf einen Hektar bis zu 4.000 Obstbäume, wo früher etwa 75 großkronige, hochstämmige Bäume standen.
Der Begriff „Streuobst“ existiert dem Namen nach erst seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts, obwohl es sich um eine Jahrhunderte alte Kulturform handelt. Die Wildformen unserer Obstbäume stammen aus dem asiatischen Raum. Die Kultur von Obstgehölzen hat in Europa eine lange Tradition. Bereits die Griechen und Römer betrieben Obstanbau. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wurde die Anlage von Obstwiesen auf vielfältige Art gefördert. Einige Fürsten und Grafen verlangten 1715: „dass alle angehenden jungen Eheleute mindestens zwei fruchtbare Obstbäume zu pflanzen und unterhalten schuldig sind“.
Die gezielte Zucht und Kultivierung von Obstbäumen wurde in Deutschland vornehmlich im Mittelalter in Klöstern und Schlossgärten betrieben.

Streuobstwiesen sind wertvolle Kulturbiotope und dienen vielen Tierarten als wichtiger Lebensraum. Besonders Vögel, Käfer, Schmetterlinge und (Wild-)Bienen profitieren von dem reichhaltigen Angebot an Blüten und herabfallenden Früchten.
Die imposante zitronengelbe Raupe des unscheinbaren Streckfuß (Nachtfalter) mit dem roten Haarbüschel am Hinterteil (siehe Foto) wurde bei Arbeiten auf unserer Streuobstwiese entdeckt und ist bereits Nutznießer davon, dass keine Mulchmahd sie zerhäckselte.
Durch ihren lockeren Bewuchs haben Streuobstwiesen einen ausgleichenden Einfluss auf das lokale Klima: sie fungieren als Windbremse und Schadstofffilter, behindern jedoch nicht den notwendigen Luftaustausch.
Streuobstwiesen sind das lebende Genreservoir alter Regionalsorten – den so genannten alten Obstsorten – damit wertvolle Eigenschaften (z.B. Krankheitsresistenzen und Geschmacksvielfalt) nicht verloren gehen.
Der Erhalt von Streuobstwiesen – unserer Paradiese aus Menschenhand – lässt sich auf ebenso einfache wie angenehme Weise fördern: durch den gesunden Genuss von Streuobst in fester wie in flüssiger Form, als Obst oder Saft.
Auf unserer Streuobstwiese findet man Apfel-, Birnen- und Zwetschgen-Bäume (Apfel: Topas, Fromms Goldrenette, Kaiser Wilhelm; Birne: Alexander Lukas, Gute Luise, Reglindis; Zwetschge: Schönberger Zwetschge, Italienische und Hauszwetschge). Um unsere Schwäbische Weinweichsel (Sauerkirsche) ist es leider nicht gut bestellt.
Seit diesem Jahr gibt es rote und schwarze Johannisbeeren sowie Josta- bzw. Jochelbeeren. Ernten darf bei uns jeder, aber bitte in Maßen, und ohne die Bäume und Sträucher zu beschädigen! Bei den Obstbäumen müssen wir wohl noch ein paar Jährchen auf eine nennenswerte Ernte warten, da sie noch zu jung sind, aber die leckeren roten Johannisbeeren konnte ich bereits probieren!
Lassen Sie es sich schmecken!

Karin Simon