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Natur vor der Haustür

01/2007 Der alte Baum als Lebensraum

Vielen von uns wird es sicher so gehen, dass wir in alten Parks oder Wäldern staunend einen alten Baumgiganten bewundern. Doch auch Oberhaching und seine nahe Umgebung beherbergt einige solcher Altbäume. Die ältesten von ihnen sind als Naturdenkmäler geschützt. Bäume, die diese Anforderungen zur Unterschutzstellung nicht erfüllten, werden von gemeindeamtlicher Seite als ortsbildprägende Bäume angesehen. Eine klare Definition, welcher Baum darunter fällt, und einen Bestandsplan gibt es aber nicht. Dass Bäume im Siedlungsraum eine wichtige Funktion zur Verbesserung der Lebensbedingungen für uns haben, ist sicher allgemein bekannt, dass aber erst alte Bäume für viele Tierarten als Wohn- und Brutstätte oder als Nahrungsquelle von großer Bedeutung sind, und für manche der einzige Lebensraum ist, findet sicher weniger Beachtung.
Ist ein Baum in die Jahre gekommen, hat er viele Nischen und Hohlräume, in denen Fledermäuse, Siebenschläfer, Hornissen, Meisen und andere Höhlenbrüter Unterschlupf finden. Hinter losen Rindenteilen und in der rissigen Borke finden viele Insekten und Spinnen Versteckmöglichkeiten. Abgestorbene Äste und Stammbereiche dienen Spechten, aber auch Insektenarten wie Holzwespen, Bockkäferlarven u.a. zur Anlage ihrer Nisthöhlen und Fraßgängen, die dann von vielen Nachmietern z.B. Wildbienen weitergenutzt werden. Moos und Flechten bewachsene Stämme und Äste sind Lebensraum einer vielfältige Mikrotierwelt. Der Mulm ausgefaulter Äste dient besonders den Larven etlicher Käferarten, wie Rosenkäfer, als Nahrungsgrundlage. Die Liste der auf alte Bäume angewiesenen Tierarten, von denen viele bereits in ihrem Bestand gefährdet sind, ließe sich noch beliebig verlängern. Leider fallen oft diese Bäume der innerörtlichen Verdichtung zum Opfer. Der Verlust eines solchen Baumes bedeutet deshalb auch für viele Tierarten das Aus, für manche unwiederbringlich.
Hierzu übrigens ein passender Spruch von Eugen Roth: „Zu fällen einen schönen Baum braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert.“
Unser Tipp deshalb: denken Sie, soweit Sie Besitzer eines solchen Altbaumes sind, an die reichhaltige Fauna, die er beherbergt, bevor sie den Einsatz der Kettensäge planen. Belassen Sie, soweit es die Verkehrssicherheit zulässt, die zuvor genannten typischen Altbaumstrukturen. Allen jenen Grundstücksbesitzern, die einen solchen Baum möglichst ungestört mit den auch nicht zu leugnenden Problemen auf ihrem Grundstück erdulden, gebührt deshalb unsere Anerkennung. Ohne sie wäre unser Ortsbild und unsere Natur um einiges ärmer.

Das Foto zeigt eine als Naturdenkmal ausgewiesene ca. 500 Jahre alte Eiche an der Bergstraße, die von der Grundstückseignerin nicht nur geduldet wird, sondern die sie auch nicht missen möchte.

Eike Hagenguth