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Natur vor der Haustür

06/2024 Lichtverschmutzung

Seit jeher haben Menschen künstliche Lichtquellen für die Beleuchtung im Freien eingesetzt, betrieben u.a. mit Öl oder Gas. Doch seit Ende des 19. Jahrhunderts die elektrische Beleuchtung erfunden wurde, wird die Nacht zunehmend erhellt: künstliches Licht an Straßen und Plätzen bietet Sicherheit oder zumindest ein Sicherheitsgefühl, Leuchtreklame erzeugt Aufmerksamkeit, Flutlicht ermöglicht Freizeitaktivitäten bis in die Nacht, herausragende Gebäude wie Kirchen werden durch Licht in Szene gesetzt.
Doch die ausufernde Beleuchtung hat auch negative Begleiterscheinungen.

Wer einmal im Gebirge oder in der Wüste, weit abseits jeglicher Lichtquellen, die Pracht eines Sternenhimmels erlebt hat, wird nicht umhin kommen, dies als eines der eindrücklichsten Erlebnisse zu empfinden. Besonders stark als Problem wahrgenommen wird die Aufhellung des Nachthimmels von den Astronomen, die schon seit langem treffend von der 'Lichtverschmutzung' des Himmels sprechen. Neben den Aktivitäten der Hobby-Astronomen wird auch die Öffentlichkeitsarbeit der Volkssternwarten beeinträchtigt, genauso wie die astronomische Forschung, wie sie beispielsweise auf dem Wendelstein betrieben wird: dort steht mit 2.1 Metern Durchmesser das größte Teleskop Deutschlands.

Auch auf Mensch und Tier hat die zunehmende Lichtfülle Auswirkungen. Der natürliche Wechsel von Tag und Nacht hat im Laufe der Evolution zu vielfältigen Anpassungen geführt. So nutzen tagaktive Lebewesen wie der Mensch die Dunkelheit der Nacht zu Ruhe und Erholung.

Auf nachtaktive Insekten üben künstliche Lichtquellen eine große Anziehungskraft aus. Sie steuern die Lampen gezielt an und umkreisen diese oft bis zur Erschöpfung. Die abnehmende Zahl an Insekten hat wiederum Auswirkungen auf andere Tiere, die sich von Insekten ernähren.

Auch Vögel sind betroffen. So verändern Singvögel durch die nächtliche Dauerbeleuchtung ihr Sing- und Fortpflanzungsverhalten. Von den Zugvögeln ziehen die meisten nachts, wobei sie sich sowohl am Erdmagnetfeld als auch am Sternenhimmel orientieren. Beim Überfliegen heller Gebiete kann ihre Orientierung beeinträchtigt werden, was sie dazu veranlasst, stundenlang zu kreisen; dies kostet sie Zeit und Energie. Bei schlechter Sicht kommt es immer wieder auch zu Massen-Kollisionen an hohen Gebäuden.

Ein weiterer Aspekt ist der Energie-Verbrauch: durch vermehrten Einsatz der LED-Technik sollte dieser zwar sinken, doch ist zu befürchten, dass wegen dieses Einspareffektes umso mehr Beleuchtung installiert wird. Dadurch sowie durch die wachsende Weltbevölkerung und steigenden Wohlstand wird die künstliche Beleuchtung weltweit wohl auch künftig zunehmen.

Doch gibt es viele Überlegungen, wie man der Lichterflut begegnen kann. So ließe sich manche Gebäude- und Werbe-Beleuchtung mitten in der Nacht, wenn sie ohnehin von kaum jemand wahrgenommen wird, abschalten. Auch die Helligkeit lässt sich gegebenenfalls reduzieren, ohne dass die Sichtbarkeit leiden muss.
Besonders bei Straßenbeleuchtung wird ein Teil des Lichtes oft nutzlos zur Seite oder nach oben abgestrahlt. Dies lässt sich durch entsprechend abgeschirmte Lampen vermeiden, ebenso durch weitgehenden Verzicht auf Lichtquellen, die nur nach oben strahlen (z.B. Bodenleuchten und sog. Skybeamer). Zeitlich variables Dimmen oder Bewegungssensoren sind weitere Ansätze.

Um an einen bewussteren Umgang mit Licht zu erinnern, findet jährlich die 'Earth Night' statt, bei der Teilnehmende das Außenlicht für eine Nacht reduzieren oder abschalten. Die nächste 'Earth Night' ist am 6. September 2024.

Markus Dähne