05/2009 Der Ohrwurm oder Ohrenkneifer
Stellen sich Ihnen schon die Nackenhaare, wenn Sie seinen Namen hören oder den kleinen bräunlichen Kerl mit seinem lang gestreckten Körper und den charakteristischen Zangen am Hinterleib sehen? Riskieren Sie einen zweiten Blick! Der Ohrwurm ist weder ein Wurm, noch ist er sonderlich an Ohren interessiert.
Von der Antike bis in die frühe Neuzeit wurde er pulverisiert als Medizin gegen Ohrenkrankheiten und Taubheit verabreicht. Ohrwürmer sind für den Menschen vollkommen ungefährlich.
Aber unser Gemeiner Ohrwurm (Forficula auricularia, lat.: auris = Ohr) ist von den sieben in Mitteleuropa heimischen Arten der bekannteste und häufigste und ein richtiger Blattlausschreck:
Der Ohrwurm verspeist am liebsten Blattläuse und ist damit äußerst nützlich in unserem Garten. Er ist ein nachtaktives Fluginsekt, das sich tagsüber in dunklen, feuchtwarmen Quartieren verkriecht. Seine Flügel sind bis zu 40 Mal gefaltet unter den kurzen, stummelartigen Deckflügeln verborgen. Seine Zangen benutzt er zum Zusammenlegen der Flügel, zur Verteidigung, bei der Jagd und der Paarung. Beim Männchen sind die Zangen stark gebogen, beim Weibchen parallel.
Ohrwürmer betreiben Brutpflege: Das Weibchen legt im Herbst oder Frühjahr einige Dutzend Eier in den Boden und bewacht sie, bis die Larven schlüpfen. Diese werden dann noch eine Weile gepflegt und gefüttert. Die Larven sehen aus wie erwachsene Ohrwürmer – nur kleiner. Sie werden im Verlauf mehrerer Häutungen den ausgewachsenen Ohrenkneifern immer ähnlicher. Ohrwürmer haben kein Puppenstadium (wie z.B. Schmetterlinge und Käfer), sie durchlaufen eine so genannte „unvollkommene Entwicklung“ (Hemimetabolie).
Wir können dem Blattlausschreck ein mobiles Quartier bieten, das je nach Bedarf in die Zweige blattlausbefallener Bäume gehängt wird: Ein mit Holzwolle gefüllter Blumentopf wird kopfüber in dem Baum aufgehängt. Bietet man dem Ohrwurm solch einen geeigneten Lebensraum, wird er sich hier bald ansiedeln und den Tag verbringen, nachts dann aber auf Blattlausjagd gehen.
Dieselbe Aufgabe als Blattlausjäger erfüllen auch Marienkäfer (vor allem deren Larven), Schweb- und Florfliegen und viele unserer heimischen Spinnenarten.
Vielleicht greifen Sie beim nächsten Auftreten von Blattläusen nicht gleich zur Giftspritze sondern geben der Natur eine Chance. Regulierend eingreifen können Sie dann immer noch.
Karin Simon