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Natur vor der Haustür

10/2019 Ungebetene Wintergäste

Gemeint sind in diesem Fall tierische Gäste, auf deren Anwesenheit wir gerne verzichten.
Hier werden nur die Krabbeltiere genannt, die sich gerne und z.T. in großen Stückzahlen bei uns zur Überwinterung einfinden können. Allen gemeinsam ist, dass sie uns nicht direkt schädigen, aber besonders durch Verschmutzung lästig werden können. Eine Vermehrung der hier beschriebenen Insekten während der Überwinterung findet aber nicht mehr statt. Außer den nachfolgend genannten Arten dringen natürlich noch andere Insekten in bewohnte und unbewohnte Gebäude ein, aber in der Regel nur in geringer Anzahl. Längerfristig sterben in geheizte Räume eingedrungene Insekten durch Verhungern und Vertrocknen ab.
Zu den ungebetenen Wintergästen zählen zum einen der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis), wegen seiner variablen Färbung auch Harlekinmarienkäfer genannt. Als Nützling zur Lausbekämpfung in Gewächshäusern eingesetzt, ist er natürlich auch ins Freie gelangt und hat sich seit Anfang dieses Jahrhunderts in Europa festgesetzt. Er findet sich bei uns ab Mitte Oktober oft zu Hunderten bis Tausenden an der Sonnenseite von Gebäuden ein, um sich dann irgendwie einen geschützten Platz im Inneren zu suchen. Das können sowohl bewohnte Räume aber auch Speicher und Nebengebäude sein. Seit 2002 hat z.B. dieser Käfer den Viecherlturm als Winterquartier auserkoren und überwintert hier zu Zehntausenden unter und hinter Kästen, Brettern, Bildern u.a. Gegenständen. Einzelne Käfer lassen sich leicht entfernen, z.B. mit dem Snapy, einem extra für die Entfernung von Insekten und Spinnen entwickelten Hilfsmittel. Ansonsten kann man sie nur sehr schnell zusammen kehren und ins Freie befördern.

Graue Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa)
Bei der Grauen Feldwanze handelt es sich um ein einheimisches Insekt von grauer Grundfarbe mit grünen und schwarzen kleinen Flecken auf der, wie bei allen Wanzen, flachen Oberseite und einer Größe von 14 bis 16mm. Ähnlich wie der Asiatische Marienkäfer sucht auch diese Art im Herbst manche Gebäude heim. Da auch sie an warmen sonnigen Oktobertagen oft in größeren Mengen Hauswände besetzen, hinterlassen sie da Kotflecken. Das ist der Hauptgrund, warum sie lästig sind. Wie alle Wanzen verbreiten sie einen unangenehmen Geruch, wenn sie sich bedroht fühlen. Beim Ausquartieren aus Wohnungen und anderen Räumen sollte man deshalb mit der nötigen Vorsicht vorgehen.

Amerikanische Kiefernwanze (Leptoglossus occidentalis)
Diese allein durch ihre Größe (15-20mm) auffallende Wanze scheint bei uns bisher nur in geringer Anzahl in Wohnungen und Gebäude einzudringen. Wie schon der Name sagt, wurde diese aus Nordamerika stammende Wanze um die Jahrtausendwende über Italien eingeschleppt. Sie ist also, ebenso wie der Asiatische Marienkäfer, ein Neozoon. Auch sie ist ein völlig ungefährlicher und träger Wintergast, den man leicht einfangen und nach draußen befördern kann.

Gemeine Bodenwanze (Rhyparochromus vulgaris)
Sie ist sozusagen die kleine Ausgabe der Amerikanischen Kiefernwanze (nur 6-8mm) und eine heimische Art. Oft gelangt sie mit Brennholz, vermutlich auch mit Topfpflanzen, die man überwintern möchte, ins Haus. Ebenso wie schon die vorgenannten Arten der Wintergäste, ist sie absolut harmlos.
Nur wenn sie grob mit der Hand genommen wird, sondert sie ein stark riechendes Sekret ab. Gemeine Bodenwanzen treten erst seit einigen Jahren verstärkt in Wohnungen und Gebäuden auf. Sie sind wesentlich flinker als die Amerikanische Kiefernwanze und deshalb schwerer einzufangen. 

Halmfliegen (Thaumatomyia notata)
Wenn sich diese winzigen Fliegen in der Wohnung oder im Haus zur Überwinterung einnisten, kann sich das für die Bewohner besonders wegen der Verschmutzung durch Kotflecken zu einem ernsten Problem auswachsen. Vor allem hohe Gebäude wie Speicher, Dachböden, Kirchen, aber auch Wohnungen, fast ausnahmslos Dachgeschosswohnungen, werden im Herbst oft immer wieder von Zehn- bis Hunderttausenden dieser nur 2mm kleinen Fliegen heimgesucht. Nach Auskunft von Experten gibt es hauptsächlich aus dem Voralpengebiet Hinweise von Massenvorkommen dieser Art. 

Wie soll und kann man sich nun dieser Tiere erwehren? Als Erstes nicht gleich in Panik geraten. Aus eigenen Erfahrungen sind die drei Wanzenarten bisher nur in geringen Zahlen in Häusern und Wohnungen aufgetaucht. Man kann sie mit dem schon erwähnten Snapy problemlos nach draußen befördern, am besten etwas weiter weg, damit sie nicht wieder auftauchen. Anders verhält es sich mit den Asiatischen Marienkäfern und den Halmfliegen. Sie suchen immer wieder die gleichen Winterquartiere auf. Hier hilft nur, besonders bei Halmfliegen, konsequentes Abdichten aller möglichen Eingangspforten wie offene Fenster und Türen, undichte Fensterrahmen u.a.m.. Vom Absaugen größerer Mengen von Halmfliegen wird abgeraten, da die Geräte durch die beträchtlichen Mengen von Honigtau im Magen der Tiere unbrauchbar werden können. Als letztes Mittel bleibt oft nur noch Konsultation eines anerkannten Schädlingsbekämpfers.
Ein grundsätzlicher Rat: Wer noch im Besitz von unbewohnten und ungeheizten Dachböden ist, tut grundsätzlich gut daran, vorhandene Fenster im Frühjahr zumindest an warmen Tagen zu öffnen, damit alle Überwinterer, darunter auch viele Nützlinge wie Florfliegen, das Gebäude verlassen können. Kommt es in Folge von Vertrocknen oder Verhungern dieser Überwinterer zu einem Massensterben, dann kann das wiederum Verwerter dieser Kadaver wie Speckkäfer oder Kabinettkäfer anlocken.

Eike Hagenguth